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HG Wien 04.06.2021 48 Cg 30/20a

Um LEDVs erwerben zu können, müssen Marketer zunächst 2.400 Shopping Points erwerben. Diese Voraussetzung können sie durch den Erwerb von Rabattgutscheinen um EUR 2.400,– erfüllen. Lyoness bewirbt Investitionen in diese Clouds damit, dass man ein passives Einkommen ohne das Anwerben weiterer Mitglieder erhält.

Der Erwerb von lediglich „ausschüttenden“ LEDVs und Rabattgutscheinen in jenem Ausmaß, das für eine erstmalige und laufende Bezugsberechtigung erforderlich ist, ist keiner Vertriebstätigkeit und somit auch keinem beruflich-gewerblichen Zweck zuzuordnen.

Angesichts der Konstruktion, wonach für den Erwerb der Clouds die Unternehmereigenschaft durch „Anklicken“ bestätigt werden muss, schlägt der Grundsatz von Treu und Glauben schlägt zu Lasten von Lyoness aus, der Verbraucher wird damit noch nicht zum Unternehmer.

Auszug:

Mit der gegenständlichen Klage sollen explizit und ausschließlich die „Gutscheinbestellungen“ rückabgewickelt werden. Wie das OLG Wien zu 1 R 149/20v in einem Parallelfall ausführte ist, da die „Gutscheinbestellungen“ von der Tätigkeit als „Marketer“ unabhängig waren, zwischen dem Abschluss einer Vertriebsvereinbarung als „Marketer“, dem Kauf von „normalen“ Rabattgutscheinen und der Beteiligung an „Clouds“ durch den Bezug von LEDVs zu differenzieren.

Nach den Feststellungen war der Kläger als Radiologietechnologe unselbstständig tätig. Er war Privatkunde und wollte nie selbstständig tätig werden. Er registrierte sich ausschließlich bei der beklagten Partei um durch den Erwerb von Anteilen an einer zukünftigen Ausschüttung der Gewinne einer „Cloud“ zu partizipieren. Die von ihm erworbenen Gutscheine wollte er weder gegenwärtig noch künftig gewerblich verwenden. Somit bestand der Zweck der Vertrages nicht in der beruflichen oder gewerblichen Verwendung des Gegenstands auf den sich der Vertrag bezieht.

Dies ist insgesamt nicht als eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit des Klägers zu

qualifizieren. Der Kläger ist somit als Verbraucher in Sinne des Art 15 LGVÜ zu qualifizieren.

Die klagende Partei erwarb lediglich „ausschüttende“ LEDVs und Rabattgutscheine in jenem Ausmaß das für eine erstmalige und laufende Bezugsberechtigung erforderlich war. Es ist somit nicht erkennbar, inwieweit die nunmehr gegenständlichen Bestellungen des Klägers einer allfälligen Vertriebstätigkeit und somit einem beruflich-gewerblichen Zweck zugeordnet werden können. Wie das OLG Wien zu 1 R 149/20v ausführte wird durch die Lyconet-Vereinbarung proaktiv ein Weg eröffnet an „Clouds“ und damit „Shopping Points“ und „Cashback“ Dritter zu partizipieren, ohne selbst weitere Mitglieder und Partner anzuwerben oder sonst eine Vertriebstätigkeit entfalten zu müssen. Objektiv erkennbarer Zweck der Bestellung ist somit nicht die Förderung der eigenen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit, sondern die Investition von privatem Kapital in ein ausschüttendes Veranlagungsvehikel. Wird daher lediglich im Zusammenhang mit der Bestellung von LEDVs durch ein vormaliges privates Mitglied des „Cashback Progamms“ die Akzeptanz der AGB sowie eine Unternehmereigenschaft durch „Anklicken“ bestätigt und werden nur Rabattgutscheine in  jenem Ausmaß geordert, das für eine erstmalige und laufende Bezugsberechtigung für LEDVs erforderlich war, kann die beklagte Partei gerade nicht mit guten Gründen von einem unternehmensbezogenen Geschäft ausgehen. Das OLG Wien ging davon aus, dass folglich der Grundsatz von Treu und Glauben in derartigen Konstellationen zu Lasten der beklagten Partei ausschlägt.

Auch im konkreten Fall hat sich der Kläger bei der beklagten Partei als Mitglied registriert und Rabattgutscheine erworben. Dafür musste er die Lyconet-Vereinbarung abschließen, welche unter anderem vorsah, dass der Kläger die erworbenen Rabattgutscheine auch selbst bei den Partnerunternehmen einlösen könnte. Die Registrierung als Mitglied, der Abschluss der Lyconet-Vereinbarung und der Erwerb von Rabattgutscheinen, in jenem Ausmaß, welches für die Erlangung der Bezugsberechtigung sowie für den Erwerb von LEDVs erforderlich ist, sind somit im konkreten Fall kein Hinweis auf eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers.

Der Kläger ist in Zusammenhang mit seinen Gutscheinbestellungen als Konsument sowohl im Sinne der europäischen als auch der nationalen Vorschriften zu qualifizieren.