Das BG Zell am See 28.05.2020 18 C 194/20b gelangte zur Ansicht:
Für sich betrachtet ist ein Vorteil für den Marketer durch den Kauf eines Rabattgutscheins schwer erkennbar.
Entgegen dem Wortsinn, der dem Begriff „Rabattgutschein“ nach allgemeinem Verständnis zu unterstellen wäre, dient dieser daher in erster Linie nicht der Erlangung von finanziellen Vorteilen beim Einkauf, sondern dem Verbleib im Bezugssystem von Lyoness.
Mit den Limited Edition Discount Vouchers bewirbt Lyoness ebenfalls die Möglichkeit der Generierung von Shoppings Points zur Erlangung eines finanziellen Vorteils im selben System, ohne dass klar würde, welche konkreten Vorteile mit einem bestimmten Produkt verbunden sind.
Insgesamt erweist sich das Vertragswerk daher als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG und somit als unwirksam. Weiters ist die konkrete Ausgestaltung der Rabattgutscheine, insbesondere deren eingeschränkte Nutzbarkeit bei ausgeschlossener Rückgabe und Verfall bei Einstellung der Vertragsbeziehung zu Lyoness als gröblich benachteiligend und damit nichtig nach § 879 Abs 3 ABGB anzusehen.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin durch Abgabe der bei der Registrierung zwingend geforderten Bestätigung als Unternehmerin aufgetreten sei. Die diesbezügliche Erklärung der Klägerin ohne Tatsachenbezug ist insofern irrelevant und nicht geeignet, die (aus gutem Grund einseitig zwingend ausgestalteten) Verbraucherschutzbestimmungen im KSchG sowie den Zuständigkeitstatbestand im LGVÜ auszuhebeln.
Die Klägerin wollte vielmehr ihre privaten Ersparnisse bei der Beklagten gewinnbringend investieren. Sie ist damit als Verbraucherin.
Die Klägerin hat einerseits Rabattgutscheine und andererseits Limited Edition Discount Vouchers erworben, wobei es ihr beim Kauf darum ging, die Vergütungsberechtigung zu erlangen bzw. zu behalten. Ob die Zusatzbedingungen für Rabattgutscheine zum Vertragsinhalt zwischen den Parteien wurden konnte nicht festgestellt werden, eine diesbezügliche Zustimmungserklärung hat die Beklagte nicht einmal behauptet (worauf die Klägerin auch hinwies).
Demnach können die Rabattgutscheine übertragen oder durch den Marketer selbst eingelöst werden, wobei dies aber nur abhängig von Konditionen bei ausgewählten Partnerunternehmen möglich ist, die von der Beklagten einseitig vorgegeben werden; auch hier wird aber nur ein prozentualer Rabatt gewährt, in welcher Höhe der Rabattgutschein genutzt werden kann, der Rest muss aufgezahlt werden. Rabattgutscheine bringen keine Shopping Points für Deals und keinen Cashback. Des Weiteren sind Rabattgutscheine von der Rückgabe ausgeschlossen und verfallen nach 5 Jahren sowie auch bei Beendigung der Teilnahme am Lyoness-Treueprogramm. Für sich betrachtet ist damit ein Vorteil für den Marketer durch den Kauf eines Rabattgutscheins schwer erkennbar. Nach dem System der Beklagten sowie auch nach der festgestellten Motivation der Klägerin ist vielmehr maßgeblich, dass die Rabattgutscheine Shoppings Points für die Wertung im Lyconet Compensation Plan bringen und damit die Bezugsberechtigung aufrecht erhalten, wofür die Beklagte im entsprechenden Ausmaß auch die Easy-Shop-Funktion bereitstellt.
Entgegen dem Wortsinn, der dem Begriff „Rabattgutschein“ nach allgemeinem Verständnis zu unterstellen wäre, dient dieser daher in erster Linie nicht der Erlangung von finanziellen Vorteilen beim Einkauf, sondern dem Verbleib im Bezugssystem der Beklagten.
Die erforderlichen Shopping Points für die Vergütungsberechtigung werden für die meisten Teilnehmer am Beginn durch eigene vollbezahlte Einkäufe nämlich nicht zu erlangen sein (siehe dazu die Seite 06 des Compensation Plans). Wann und in welcher Höhe der Marketer schließlich (nach Umwandlung seiner Shopping Points in Units, Balance Units, Transfer Units etc.) eine Rendite für seine Investition erhalten wird ist anhand des Lyconet Compensation Plans mit einer Vielzahl an möglichen Vergütungsvarianten, eigenen Begrifflichkeiten und sehr komplexen Verbuchungssystemen der jeweiligen Einheiten für einen durchschnittlich sorgfältigen und verständigen Verbraucher unmöglich festzustellen. Mit den Limited Edition Discount Vouchers bewirbt die Beklagte ebenfalls die Möglichkeit der Generierung von Shoppings Points zur Erlangung eines finanziellen Vorteils im selben System, ohne dass klar würde, welche konkreten Vorteile mit einem bestimmten Produkt verbunden sind.
Insgesamt erweist sich das von der Beklagten ausschließlich in AGB-Form vorgegebene Vertragswerk daher als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG und somit als unwirksam. Weiters ist die konkrete Ausgestaltung der Rabattgutscheine, insbesondere deren eingeschränkte Nutzbarkeit bei ausgeschlossener Rückgabe (obwohl die Beklagte sie unter anderem als mögliches „Werbegeschenk“ ansieht) und Verfall bei Einstellung der Vertragsbeziehung zur Beklagten als gröblich benachteiligend und damit nichtig nach § 879 Abs 3 ABGB anzusehen.
Ob das System der Beklagten auch nach Z 14 des Anhangs zum UWG unzulässig wäre muss daher nicht abschließend beleuchtet werden; hingewiesen sei aber auf den Umstand, dass das Anwerben weiterer Marketer in der eigenen Lifeline nach dem System der Beklagten am lukrativsten erscheint, zumal diese – anders als gewöhnliche Mitglieder – selbst wiederum ausreichend Shopping Points für das Aufrechterhalten ihrer Vergütungsberechtigung produzieren müssen, was einen Zusammenhang zwischen den von den neuen Teilnehmern zu leistenden und vom Anwerbenden erhaltenen Zahlungen jedenfalls indiziert.
Die Klägerin hat auf Basis des nichtigen Vertrages die in den Feststellungen angeführten Zahlungen geleistet, die von der Beklagten erhaltenen Rückzahlungen hat sie sich bereits angerechnet (und zwar zugunsten der Beklagten pauschal auf den frühest fälligen Betrag).
Gemäß § 877 ABGB sind auch die restlichen Beträge samt 4% Zinsen seit Zahlung durch die Klägerin rückzuerstatten.